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19.11.2017
Bild oben: Das Meer könnte die Marshall-Inseln bald überfluten, wenn die Emissionen nicht drastisch sinken. (Foto: kiwirip/Pixabay)

Das Pariser Abkommen will den Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad, besser noch auf unter 1,5 Grad halten. Das Zwei-Grad-Ziel wird schon seit vielen Jahren von Wissenschaftlern und Politikern zitiert. Es soll eine Grenze darstellen, bis zu der die Risiken des Klimawandels noch zu ertragen sind.

Einige Gefahren werden schon darunter real: So dürften die Korallen weltweit ausbleichen, und flache Inseln durch den Meeresspiegelanstieg überflutet werden (wie sich der Meeresspiegel in verschiedenen Modellrechnungen erhöht, zeigt diese interaktive Grafik des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung). Bei zwei Grad wiederum rechnen Wissenschaftler beispielsweise mit häufigen Dürren in Südeuropa, mit einer massiven Gletscherschmelze im Himalaja und noch mehr Waldbränden in Nordamerika.

Bei einem Anstieg von drei oder vier Grad über das vorindustrielle Niveau drohen darüber hinaus Ernteausfälle in Afrika, Hitzetote in Asien, ein Artensterben im Regenwald und vielleicht auch ein unwiderrufliches Abschmelzen des grönländischen Eispanzers – der Temperaturunterschied entspricht dem zwischen einer Eis- und einer Warmzeit. Zu einer vier Grad wärmeren Welt führt ein Szenario der Klimaforschung, das die Trends der vergangenen Jahre fortschreibt und als „business as usual“-Szenario bezeichnet wird. Die Emissionen durch Verbrennung fossiler Rohstoffe und Zementproduktion werden heute rund 60 Prozent mehr Treibhausgase frei als zu Beginn der 1990er-Jahre.

Wenn die Wassertemperatur steigt, können Korallen ausbleichen und absterben. (Foto: Shutterstock)

Klimaforscher können aber nicht die Zukunft vorhersagen – vor allem nicht künftiges politisches Handeln. Sie berechnen daher mögliche Szenarien auf der Grundlage unterschiedlicher Annahmen. Im jüngsten Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC werden vier Szenarien berechnet, die repräsentativ sind für viele Forschungsarbeiten. Das optimistischste (RCP 2.6 genannt) begrenzt die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre auf ungefähr den heutigen Wert und hält damit den Temperaturanstieg auf etwas über zwei Grad.

Auf dem Klimagipfel in Paris bildete sich auf Initiative der Marschall-Inseln eine Koalition der ehrgeizigen Staaten, der zum Schluss mehr als 100 Nationen angehörten – darunter Deutschland und sogar die USA. Sie forderte, das 1,5-Grad-Ziel in das Abkommen aufzunehmen. Dieses Ziel hatte zuvor kaum jemand ernst genommen, auch von der Forschung wurde es als politisch und physikalisch unrealistisch ignoriert. Der Weltklimarat will im September/Oktober 2018 einen Bericht zu diesem Ziel veröffentlichen und darin sagen, wie man es erreichen kann und welche Konsequenzen eine 1,5 Grad wärmere Welt haben wird.

Aus den bisher bekannten nationalen Selbstverpflichtungen lässt sich berechnen, wie die Temperaturen am Ende des Jahrhunderts voraussichtlich liegen werden, wenn sich alle Staaten an ihre Ziele halten: Es dürfte zwischen 2,6 und 4,0 Grad wärmer sein als vor Beginn der Industrialisierung, hat der Forschungsverbund „Climate Action Tracker“ kürzlich neu berechnet. Damit würde das Temperaturziel des Pariser Abkommens weit verfehlt. Doch das Abkommen sieht vor, dass die Staaten ihre Selbstverpflichtungen regelmäßig anheben und auf sogenannten „Bestandsaufnahme“-Konferenzen effektivere Maßnahmen beschlossen werden (siehe Kernfrage „Überwachen“). Für 2018 haben die Vertragsstaaten einen Dialog abgekündigt, in dem sie über kurzfristige zusätzliche Maßnahmen diskutieren wollen.

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